01.05.2022
Bericht aus der Sitzung des Stadtrates vom 28.04.2022

Endlich wieder im Rathaus nach vielen coronabedingten Sitzungen in der BigBox. Ein positives Signal in Richtung Normalität. 
Die Tagesordnung beinhalteten 6 Punkte welche öffentlich behandelt wurden:

1. Änderung der Satzung über die Benutzung der städtischen Friedhöfe

Nach der Änderung der Bayerischen Bestattungsverordnung, die seit 01.04.2021 in Kraft ist, ist nunmehr auch in Bayern unter bestimmten Voraussetzungen die sarglose Bestattung möglich. Jetzt hat der Friedhofsträger die Möglichkeit, Erdbestattungen in einem Leichentuch ohne Sarg aus religiösen und weltanschaulichen Gründen auf seinem Friedhof zuzulassen. In der Verordnung wird verbindlich geregelt, dass aus Gründen des Gesundheitsschutzes Bestattungen ohne Sarg im Leichentuch bei infektiösen und hochkontagiösen Verstorbenen unzulässig sind. Die Sargpflicht wird dem Grunde nach beibehalten, allerdings wurde sie gelockert, um insbesondere auch Mitbürgern muslimischen und jüdischen Glaubens Bestattungen nach ihren Traditionen zu ermöglichen. Die konkrete Entscheidung, ob diese Regelung angewandt werden soll, obliegt dem kommunalen Friedhofsträger. Dies wird damit begründet, dass die soziale und gesellschaftliche Zusammensetzung wie auch die örtlichen Gegebenheiten sehr unterschiedlich sein können.

Die beiden Stadtratsmitglieder Frau Ilknur Altan und Herr Lajos Fischer beantragten, die Friedhofssatzung zu ändern, damit die Lockerung der Sargpflicht in Kempten umgesetzt werden kann.

Die Verwaltung hat das Anliegen geprüft und schlägt vor, zukünftig auf den städtischen Friedhöfen in dafür geeigneten Grabstätten Bestattungen im Leichentuch zu ermöglichen, und zwar unter folgenden Rahmenbedingungen:
- Der Transport der Verstorbenen zum Grab findet im geschlossenen Sarg statt, damit das sittliche Empfinden der Allgemeinheit nicht verletzt wird. Der Anblick eines nur in ein Tuch gehüllten Verstorbenen könnte andere Friedhofsbesucher befremden.
- Leichen- und Tragetücher sowie andere Materialien, die bei der Erdbestattung ohne Sarg Verwendung finden, müssen vom Auftraggeber der Erdbestattung gestellt werden. Diese Aspekte und weitere Fragestellungen zur Umsetzung wurden bereits in einem gemeinsamen Gespräch mit Vertretern der türkischen Gemeinde erörtert und abgestimmt. Nach kurzer Diskussion wurde der Beschluss einstimmig beschlossen.

2. Anpassung der Elternbeiträge in den städtischen Kindertagesstätten

Aktuell betreibt die Stadt Kempten als öffentlicher Träger vier von insgesamt 41 Kindertagesstätten in der Stadt. Neben der langjährigen Kindertagesstätte „Kottener Flohkiste“ startete im Herbst 2019 das Kinderhaus Klecks seinen Betrieb, ein gutes Jahr später im Dezember 2020 öffnete der Kindergarten Chapuis-Villa seine Türen. Im Herbst 2021 wurde aufgrund der dringenden Bedarfe interimsweise die integrative Kindertagesstätte „Bunte Knöpfe“ im Freudental eröffnet.

Aktuell sollen die monatlichen Elternbeiträge in allen vier Einrichtungen auf die gleiche Höhe und ein einheitliches Gebührenschema angepasst werden, hier ist es so, dass diese Elternbeiträge in den städtischen Kindertageseinrichtungen nach wie vor aus sozialen Gesichtspunkten etwas unter dem Durchschnitt der Träger in der Stadt Kempten (Allgäu) liegen.

Eine Anpassung der Elternbeiträge erfolgt sonst regelmäßig in kleinen und moderaten Anpassungsschritten, im vergangenen Jahr 2021 wurde allerdings bewusst aufgrund der teils sehr angespannten persönlichen und finanziellen Lage der Eltern auf eine Erhöhung verzichtet. Aktuell sollen zum neuen Kindertagesstättenjahr zum 01.09.2022 die Elternbeiträge in Anbetracht der steigenden Personal- und Betriebskosten um 2,8% angepasst werden. Dies entspricht den Tarifsteigerungen der Personalkosten im öffentlichen Dienst.

Die Höhe der Elternbeiträge richten sich nach den Buchungszeiten, diese sind gestaffelt. Es besteht die Möglichkeit, dass der Elternbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen wird, wenn die Belastung den Eltern aus wirtschaftlichen Gründen nicht zugemutet werden kann. 

Grundsätzlich werden die Eltern in Bayern für die gesamte Kindergartenzeit der über 3-jährigen Kinder (Ü3) mit einem Zuschuss von 100 EUR pro Kind entlastet. Dies gilt für das Kalenderjahr, in dem das Kind drei Jahre alt wird und eine Kindertagesstätte besucht bis zur Einschulung. Damit ist der Besuch eines Kindergartens in Bayern weitgehend beitragsfrei.

3. Beschluss zur Fortschreibung der Jugendhilfeplanung für den Teilbereich Kindertagesbetreuung; Bedarfsanerkennung von Plätzen

Die künftigen Platzbedarfe im Bereich der Kindertagesstätten sind im Wesentlichen direkt anhängig:

- von der aktuellen Geburtenanzahl und Geburtenprognose
- von prognostizierten Wanderungen und Zuzügen von Familien nach Kempten
- der Inanspruchnahme und Betreuungsquote
- die alters wie auch individuellen Gewichtungsfaktoren
- von der weiteren Stadtentwicklung mit einem moderaten Wachstum, u.a . durch Fortschreibung des Flächennutzungsplans und Wohnbauentwicklungen
- von rechtlichen und gesellschaftlichen Fortentwicklungen
- etc.

Aktuell bestehen in der Stadt Kempten:
Krippe                                            600 Plätze
Kindertagespflege                         125 Plätze
Kindergarten                               2.448 Plätze
insgesamt                                 3.170 Plätze

Hinzu kommen noch im laufenden Jahr 2022:
St. Nikolaus, Kindergarten           40 Plätze
St. Michael, Krippe                      15 Plätze

insgesamt künftig                 3.225 Plätze

FW Stadtrat Andreas Kibler sagte in der Diskussion: „Die Schaffung weiterer Plätze beeinflusst die Lebensqualität der Stadt positiv! Es ist wichtig, dass wir weiter einen Fokus auf dieses Thema setzen. Ich rechne mit einer weiteren Dynamik in diesem Bereich.“

Die Verwaltung wurde einstimmig beauftragt räumliche Lösungen für die Schaffung von zunächst 100 Plätzen und mittel- bis langfristig 130 Plätzen im Bereich der Kinderkrippen zu schaffen.

4. Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 724- 15 „Breslauer Straße“ über das Projekt „Wohnanlage an der Breslauer Straße"

5. Änderung des Bebauungsplans „Ludwigshöhe-Süd": Vorhabenbezogener Bebauungsplan „Breslauer Straße“;
A) Ergebnis der förmlichen Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange
B) Satzungsbeschluss

Diese beiden Punkte wurden bereits ausgiebig im letzten Planungs- und Bauausschuss behandelt und dort einstimmig beschlossen.

2019 gab es an der Breslauer viele Proteste gegen dieses Projekt. Viele Bürger monierten den Wegfall und die Bebauung des Bolzplatzes / Spielwiese an der Breslauer Straße. Viele Diskussions- und Beratungsrunden später hat nun der Stadtrat den Weg frei gemacht für das BSG-Projekt.

Es liegt bereits ein Antrag von Freie Wähler Stadtrat Alexander Buck vor, eine alternative Fläche für den Bolzplatz zu finden. Hier haben die Freien Wähler bereits einen Platz gefunden. Die Stadtverwaltung muss hier nun handeln.

Die Fläche der Bebauung umfasst eine Größe von 1,54 ha. In den 9 Gebäuden sollen ca. 74 Wohneinheiten entstehen. Die Tiefgarage, die unter den Gebäuden entstehen soll, umfasst 85 PKW-Stellplätze. Außerdem sind im Untergeschoss Fahrradstellplätze, Abstellräume, Technikräume und Räume für die Abfalltonnen vorgesehen. Bei Bedarf könnte ein zusätzliches Gebäude für eine Kita entstehen.

„Eine sehr gute Entwicklung, zumal zur Hälfte öffentlich geförderte als auch frei finanzierte Mietwohnungen entstehen,“ sagte Fraktionsvorsitzender FW Alexander Hold.

Baureferent Tim Koemstedt erklärte, dass mehr Parkplätze entstehen als gemäß der städtischen Vorgaben gefordert sind. Auch bei den Grünflächen engagiere sich dei BSG über Gebühr. Lediglich ein Baum wurde an einer Stelle gefällt, wo künftig ein Haus stehen soll. Andere Bäume, Hecken, Sträucher seien zu schützen. Zusätzliche Pflanzungen sind vorgesehen. Ein Spielplatz runde die Anlage ab. So entstehe Wohnraum und Aufenthaltsqualität auf der 1,5 Hektar umfassenden Fläche.

Bis auf (Anwohner) Prof. Robert Schmid (CSU) und Franz Josef Natterer-Babych (UB/ÖDP) stimmten alle Stadträte dem Vorhaben zu. Laut Tanja Thalmeier vom Vorstand der BSG soll im Herbst 2022 mit den Arbeiten begonnen werden. Die Fertigstellung der ersten Einheiten ist 2024 geplant. Die Nachfrage nach den Wohnungen sei nach wie vor enorm hoch.

6. Vorhabenbezogener Bebauungsplan „Gerhardingerweg" im Bereich zwischen Lenzfrieder Straße, Wettmannsberger Weg, Gerhardingerweg und Friedhof Lenzfried im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB;

A) Ergebnis der förmlichen Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange
B) Beschluss zur erneuten Auslegung gemäß § 4a Abs. 3 BauGB

Die Pläne für Wohnbebauung „Gerhardingerweg“ werden nachgebessert. Dieses Bauprojekt hatten wir schon mehrfach im Gestaltungsbeirat sowie im Planungs- und Bauausschuss. Jetzt werden die Pläne noch einmal ausgelegt. Es gab Bedenken, die Öffentlichkeit sei nicht vorschriftsmäßig d.h. laut BauGB beteiligt worden, es sei keine ausreichende Untersuchung der verkehrlichen Situation vorgenommen worden, bzw. diese hätte nicht stattgefunden. Zwei Eigentümerinnen äußern Bedenken, das Vorhaben im historischen Ortskern von Lenzfried sei ein Eingriff in ein sensibles Umfeld, das von einem Ensemble historischer Bauten der Barockzeit geprägt ist. Es gibt Kritik hinsichtlich des Landhotel Hirsch als Immissionsquelle für Gewerbelärm. Demnach entspräche das aktuelle Schallschutzgutachten nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten.

Diese Punkte wurden von der Verwaltung in einem Bericht widerlegt.

Das Bayerische Landesamt für Denkmalschutz weist in drei Stellungnahmen darauf hin, dass die historischen Sichtachsen durch die neuen Baukörper nicht betroffen sein dürfen. Die geplante Höhenentwicklung, insbesondere der westlichen Giebelseiten und der beiden Hochpunkte seien so zu wählen, dass das bebaute Umfeld und hierbei insbesondere die Einzeldenkmäler nicht in den Hintergrund gedrängt werden. Die Gestaltung der Wohnanlage müsse sich in die bebaute Umgebung einfügen und mit den umgebenden Einzeldenkmälern harmonieren.

Die untere Naturschutzbehörde fordert mit Stellungnahme vom 13.08.2021, die Anzahl der zu fällenden Bäume in der Planzeichnung des vBP zu korrigieren und bestimmte Maßnahmen zum Schutz der zu erhaltenden Bäume und zum Artenschutz mit in den Bebauungsplan und Durchführungsvertrag aufzunehmen. Außerdem sollen die Pflanzlisten gemäß Stellungnahme geändert werden. Die Anzahl der zu fällenden Bäume in der Planzeichnung des vBP und die Festsetzungen zu den Pflanzlisten und dem Artenschutz in Satzung und Begründung werden geändert.

Der Genehmigungsbescheid der unteren Wasserrechtsbehörde vom 24.09.2021 wurde mit zahlreichen Auflagen verbeschieden. Die Auflagen des Genehmigungsbescheides werden in die Satzung des vBP aufgenommen. Die Begründung wird entsprechend angeglichen.

Den Abwägungsinhalten und -ergebnissen zum Umgang mit den einzelnen Themen wurde zugestimmt. Es gab bei der Abstimmung 2 Gegenstimmen.

Die umweltbezogenen Stellungnahmen werden somit erneut ausgelegt.