(v.l.) 3. Bürgermeisterin Sibylle Knott, Fraktionsvorsitzender Alexander Hold, Klaus Knoll, Stefan Keppeler und Sarah Lechner-Häckelsmiller. © Lüderitz

03.03.2020
Kabarettistisches Feuerwerk mit Wortwitz, Gesang und – teils – derben Kalauern beim FW-Politischen-Aschermittwoch

Von Susanne Lüderitz
Quelle: Kreisbote

Einen Blick von außen auf das städtische Geschehen warf Hugo Wirthensohn, der Vorstand des Freie-Wähler-Kreisverbands Oberallgäu. Der Kreistag bringe jetzt Kempten richtig in Wallung – »und das wegen 100 Euro – Da habt ihr auch mal einen Klotz am Bein«, freute sich der Altusrieder. Froh war er auch darüber, dass die Freien Wähler Liste Nummer drei auf dem Wahlzettel für den Kreistag innehaben. Der messe nämlich ganze 1,20 Meter. Weil die Kabinen dafür zu schmal seien, klappte der Wähler den Zettel nur einmal auf. Für die Freien Wähler reiche das aber. 

Und auch dem allgegenwärtigen Thema Klimawandel widmete Wirthensohn ein paar Takte: Der mache auch vor dem Stadtrat nicht halt. »Die altneue Rechte zieht ein, da wird das Klima rauer und es kommt Freudling auf«, sagte er ironisch. Auf die Frage, zu welchem Flügel die AfD denn gehöre, wenn sie in die Gremien einziehe, antworte Wirthensohn stets: »zum Kotflügel.« 

Auch einen Gast hatten die Freien Wähler eingeladen: Die Ostallgäuer Parteikollegin, Mundartautorin und Kabarettistin Johanna Hofbauer trug zwei gereimte Geschichten aus dem Alltag einer nicht mehr ganz jungen Dame (»alte Scheesa mit Blasenschwäche und Zahnprothese«) bei. Von einem Klassentreffen, das in einem hemmungslosen Disco-Besuch endet (»es brodlet untrem Trachta-Rock« – »vom Barhocker im hoha Boga kommat Haferschuah jetzt gfloga«). Der Kommentar des Türstehers, der die Damen hinausbefördert: »Gand mora num ins Kolpingsheim, do mießt Seniorentreffen sein.« Damit war man wieder beim politischen Aschermittwoch, zu dem auch die beiden Stadträte Hold und Hans-Peter Hartmann beitrugen. 

In ihrem ersten Sketch ging es vor allem um die Nationale und Internationale Politik, um Friedrich Merz, den »Alfons Hörmann des Sauerlands«, um die Plastik-Plakate der klimastreikenden »Future-for-Kempten«-Partei, und die autonom-fahrenden Busse, die Hold anstatt des Weihnachtsbähnles einsetzen will – »halt das ganze Jahr über«.
 
Den Erfolg von Markus Söder erklärten sich Hold und Hartmann mit den Sehnsüchten der Bürger, die Söder alle befriedige: Die Leute sehnten sich nach einem knallharten AfDler in der Flüchtlingspolitik, und nach einem, der den christlichen Asylhelfern ganz eng beiseite steht, einem, der auf der Seite des kleinen Mannes und der Seite der Großkonzerne steht, jemandem der Greta Thunberg die Stirn bietet und gleichzeitig die Grünen in Sachen Klimaschutz und Artenvielfalt blass aussehen lasse. Und auch die Bürger bekamen ihr Fett weg: »Erst wenn’s fünfmal in der Zeitung stand und 40 Träger öffentlicher Belange gehört wurden und wenn keiner die vielen Bürgerbeteiligungen genutzt hat, dann wird gemault: ›Warum hat uns keiner gefragt?‹«, monierte Hold, die Bürger spendeten für Tierschutzverein, regten sich auf über Missstände in den Ställen und gäben aber gleichzeitig wenig an der Ladentheke aus. 

Drei Engel für Kempten
Thomas Kiechle calling hieß es bei Sibylle Knott, Anette Hauser-Felberbaum und Sarah Lechner-Häckelsmiller. Der Auftrag vom OB: Sie sollen Kempten retten. An Ideen für ihre Rettungsaktion mangelt es den drei Frauen in Engelsflügeln nicht: Die Schwarze Null wird gehalten, auch wenn die Sanierung des Bachtelweihers die Stadt teuer zu stehen kommt. Die Grazien verkaufen einfach den Schlamm als Heilschlamm für Fango-Packungen. Die Krähenproblematik lösen sie kurzerhand, indem sie den Stadtpark nach dem nächsten Sturm für nicht mehr verkehrssicher erklären, wodurch die Bäume gefällt werden müssen – eine Anspielung auf die zahlreichen Fällungen im Stadtgebiet? Und der Weihnachtsmarkt bekommt eine Attraktion in Form einer lebenden Krippe. Aber nicht mit Tieren, sondern mit Stadträten, denn »einige haben durchaus Potential, Ochs und Esel darzustellen«. Erzengel Gabriele gibt schließlich den entscheidenden Hinweis – auch via Telefon. Knott, Hauser-Felberbaum und Lechner-Häckelsmiller »müssen in den Stadtrat«. 

Da braucht’s Humor
Sibylle Knott, Klaus Knoll, Stefan Keppeler, Alexander Hold und Sarah Lechner-Häckelsmiller lästerten in einem Gesprächs-Sketch heftig ab. Schwer bluten musste dabei der Landratskandidat der CSU, Alfons Hörmann, »der Nebenerwerbslandrat«: 12.000 Euro im Monat, das fühle sich für Hörmann eben an wie ein Ehrenamt. Zumal er im letzten Jahr 304 Nächte außerhalb geschlafen habe. Wenn er als Landrat öfter im Landratsamt wäre, würde er seine Familie öfter sehen, weil die dann aus- und eingingen, um die vielen Baugenehmigungen abzuholen. 

Kräftig schenkten die Fünf auch den OB-Kandidaten ein: Sie suggerierten zum Beispiel, dass FDP-Kandidatin Gabriela Büssemaker sowohl als einstige Geschäftsführerin der „Engagement Global gGmbH – der Servicestelle für Entwicklungsinitiativen“ unter Parteifreund Dirk Niebel als auch jetzt mit der OB-Kandidatur »von der Straße weggeholt wurde“.

Und Franz Josef Natterer-Babych tue sich leicht mit dem Haustürwahlkampf. Er habe schon bei vielen Parteien angeklopft, bevor ihn nun die ÖDP als OB-Kandidat aufgestellt habe. »Er hat echt Glück gehabt, dass der Winter so mild war.«

Während die Freien Wähler jung und knackig aufgestellt seien, seien bei der SPD acht Kandidaten über 70 dabei. »Da ist es wie bei den ganz seltenen Landschildkröten: Da ist man froh, wenn man überhaupt noch eine im fortpflanzungsfähigen Alter findet.« Und alle elf Minuten verliebe sich ein Kemptener in die SPD-OB-Kandidatin Katharina Schrader, dichtete Klaus Knoll den Werbe-Slogan von »Parship« um. Hier unterbrach Stefan Keppeler: »Stopp, es muss heißen, an allen 1011 Laternenpfählen verliebt sich ein Kemptener in das Plakat von Katharina Schrader.« Lechner-Häckelsmiller meinte, dass auf den Plakaten Schrader gar nicht selbst abgebildet sei. 

Auch die Wahlprospekte der Parteien nahm sich das Fünfgestirn vor: »Lassen wir nicht zu, dass Keile in unsere Gesellschaft getrieben werden!«, damit werbe ausgerechnet die AfD. Stephan Prauses Idee (CSU), der sich eine Brause als Wahlgeschenk ausgedacht hat, stieß auf Wohlgefallen. Die Brause passe zu ihm, weil er bewege Wasser im Glas, »prickelt aber nicht richtig«. 

Natürlich kamen die Politiker der eigenen Partei am besten weg, doch bewiesen die Freien Wähler durchaus Selbstironie, etwa wenn sie Slogans für ihre eigenen Stadtratskandidaten dichteten: »Hans-Peter Hartmann, nie war er so wertvoll wie heute« – »Kempten läuft – mit Saufsport Lackel.« „Norbert Grotz, da reimt sich aber nichts drauf, oder…?« Zu Stefan Keppeler passe: »Besser ein Chaot als tot.«

Zacherles Märchenstunde 
Trotz all der kabarettistischen Einlagen mussten bei den Freien Wählern auch noch die Gäste arbeiten. Dieter Zacherle spannte sie beim großen Finale für ein Gesangsstück ein und so tönte der schwungvolle Massenchor zur Melodie von »La Cucaracha« immer wieder: »Mir woll’n koi Seilbahn – Mir woll’n koi Seilbahn.« Die Seilbahn hatte es Zacherle wirklich angetan. Und so widmete er gleich ein zweites Lied der Idee der CSU-Kollegen. »Helmut (Berchtold) und Thomas (Kiechle) – die hant eine Idee«, sang Zacherle zur Melodie von »Hansel und Gretel« im Duett mit seiner Frau Annemarie, »Mir woll’n a Seilbahn, des wär für Kempte schee! Zerscht wird wie immer ein Gutachten erstellt. Für Hunderttausend, egal was koscht die Welt. Jedoch der Stadtrat wir dazu gar it gfrogt. Die Bürger sagen: Ja sind denn die beklopft.« Zahlreiche Lacher waren immer wieder zu hören und ganz besonders, als der sangesfreudige Politiker zur letzten Strophe anhob: »Achtung ihr Wähler – wie wird’s im Monat März? Dann sag’n die Schwarzen: Des war doch bloß ein Scherz.«